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und Berichte
Salama, liebe Freunde und Paten,
meine dritte Reise nach Madagaskar zu den Kindern ist zu Ende und ich binwohlbehalten wieder heimgekehrt.
Dieses Jahr stand alles unter einem guten Stern, die Flüge waren pünktlich und mein Abholservice stand am Flughafen bereit. Sofort nach Ankunft in Antananarivo haben wir Fuß- und Basketbälle besorgt, Herr Heimer (der Veranstalter meiner anschließenden Rundreise) hatte im Goetheinstitut Wörterbücher besorgt, Medikamente hat mir wieder meine Apotheke im Nachbarort Bidache gespendet und dann galt es nur noch, das Problem mit meinem nicht funktionierenden Handy zu lösen. Auch das - eine Kleinigkeit.
Mit unserem Fahrer Hery machten wir uns auf den Weg zu den Kindern, wo wir schon erwartet wurden. Der Empfang war wie immer überaus herzlich. An diesem Nachmittag wurden eher allgemeine Gespräche geführt und Herrn Heimer wurde das Zentrum und die Schule gezeigt. Nachdem er hauptberuflich als Journalist arbeitet, haben wir gemeinsam die Gelegenheit für eine ausführliche Reportage genutzt. Wir hoffen, daß sie in nächster Zeit in einer Münchner Zeitung erscheinen wird.
Der Freitag war ausschließlich für die Kinder reserviert und ich habe jedes Kind fotografiert und auch fast mit jedem Kind gesprochen. Drei Kinder waren krank, aber da bekomme ich von Schwester Olivia die Fotos und unsere Beiden, (Angelo und Mireille) die inzwischen aufs Gymnasium in Antananarivo gehen, sind extra ins Zentrum gekommen.
Im Großen und Ganzen bin ich sehr zufrieden, die Kinder sehen glücklich und wohlgenährt aus. Es gibt einige wenige Problemfälle - wir bemühen uns heftig, diesen Kindern zu helfen.
Nathalie wird höchstwahrscheinlich im September nicht mehr ins Zentrum zurückkehren, auf eigenen Wunsch, sie fühlt sich von den anderen Kindern gemobbt. Ich habe ihr heftig ins Gewissen geredet, aber wir glauben nicht, daß es etwas genutzt hat.
Marie-Louisette und Theodorat (16 und 18 Jahre alt) sind schlicht und ergreifend faul und frech. Beide haben inzwischen den berühmten blauen Brief bekommen und wollten sich bessern - ich habe eindringlich mit ihnen gesprochen - wir werden sehen. Wenn sich aber nichts Entscheidendes ändert, werden sie mit Beendigung dieses Schuljahres aus dem Programm ausscheiden.
Sidonie hat große Probleme in der Schule und im Gespräch hat sich herausgestellt, daß sie so große Probleme mit Französisch hat, daß sie den Inhalt des Unterrichts nicht versteht. Die Schwestern werden in den Sommerferien Nachhilfe anbieten und dann werden wir auch ganz schnell sehen, wer Interesse hat und wer nicht. Jean-Romain ist ein besonderer Fall; zuerst fand er Schuleschwänzen ganz toll, aber jetzt sind seine Leistungen dermaßen schlecht, daß die anderen Kinder ihn hänseln und er sich nicht mehr in die Schule traut. Wir haben ihm angeboten, die Klasse zu wiederholen, aber er möchte unbedingt ein Metier lernen. Wir werden natürlich versuchen, einen Platz für ihn zu finden.
Meine wirklichen Sorgenkinder sind Francky und Tolotra. Bei beiden hat sich die familiäre Situation dermaßen verschlechtert, daß wir nun versuchen werden, eine Wohngelegenheit für sie zu finden, natürlich mit einer ver-
trauenswürdigen Person, die sich um sie kümmert. Francky hatte letztes Jahr einen blauen Brief von mir bekommen und inzwischen gibt er sich große Mühe und ist auch gut in der Schule. Bisher lebte er mit seiner Großmutter, aber jetzt ist ein Onkel aufgetaucht, der ihn triezt und dem er nichts Recht machen kann.
Bei Tolotra ist es noch schlimmer, die Mutter hat einen jungen Kerl geheiratet der natürlich kein Interesse an ihm hat und der ihm (zusammen mit der Mutter) regelmäßig die Schulhefte zerreißt.
Aber natürlich gibt es auch gute Nachrichten. Wir haben drei Kinder auf dem Gymansium, Angelo, Mireille und Florianna. Angelo möchte Telekommunikations-Techniker werden, Mireille macht im Sommer einen Deutschkurs im Goetheinstitut in Tana und Florianna will Journalistin werden. Hier habe ich den Kontakt mit H. Heimer hergestellt, so daß sie im Sommer (wenn sie will) ein Praktikum bei einer Zeitung machen kann.
Tina Olga hat ihre Schneiderlehre fast beendet und als Starthilfe bekommt sie von uns eine Nähmaschine. Sie bleibt dann noch bis Ende Oktober 2012 im Zentrum, um Berufserfahrung zu sammeln.
Alle anderen sind brav und fleissig in der Schule, einige sind intelligenter als andere, aber das ist ja überall so.
Es gibt eine Deutsch-Madagassische Gesellschaft in Esslingen, die in der Hauptstadt Ausbildungsplätze für benachteiligte Kindern anbietet - ich werde natürlich Kontakt aufnehmen.
Nun kurz zu meiner Reise :
Die momentane politische Situation ist eine Katastrophe. Seit meinem letztjährigen Aufenthalt hat sich die Lage der Menschen weiter drastisch verschlechtert und die Korruption hat nun auch die Polizei durchdrungen. Das kostenlose, öffentliche Schulwesen exisitiert praktisch nicht mehr. Die Lehrer haben seit Monaten kein Geld mehr gesehen und versuchen nun, sich ihr Gehalt von den Eltern zu holen. Was zur Folge hat, daß vermehrt Kinder zum Betteln geschickt werden, die sich dann um leere Plastikflaschen prügeln.
Die Preise in den Supermärkten und für Benzin sind schwindelerregend, z.b. kostet 1 l Milch (Vollmilch in der Tüte) € 1,20. Für einen einfachen Arbeiter, der vielleicht 20 - 30.000 Ariary pro Monat verdient (€ 8 - 12) unerschwinglich. Das Schulgeld bei uns im Zentrum beträgt 9.000 Ariary (3,60 pro Monat) und das können sich viele schon nicht leisten. Der jetztige Präsident ist ein Verbrecher, der sich, zusammen mit seinen Kumpanen, nur die Taschen füllt. Die Situation spitzt sich zu und die Menschen warten auf den großen Knall.
Wir werden sehen.
Die Insel selbst könnte ein Paradies sein. Das Hochplateau, rund um die Hauptstadt ist äußerst fruchtbar, jedes Korn, das auf die Erde fällt, keimt und wächst. Aber es fehlen vernünftige Straßen. Nur als Beispiel, wir brauchten einmal für ca. 150 km - 6 Stunden. Manchmal fühlt man sich wie im tiefsten Afrika, Hütten aus rotem Lehm, staubig und weitab von allem, dann ist es wieder unglaublich grün und immer wieder Reisfelder. Zum Glück gibt es noch einige Nationalparks, in denen die berühmten Lemuren noch Lebensraum haben.
Ein weiteres Problem ist die extreme Abholzung. 80% des Primärwaldes sind unwiederbringlich verloren. Z.T. wird aufgeforstet, aber leider mit Kiefern und Eukalyptus - schnellwachsenden Hölzern, die mehrfach geschlagen werden können, um Holzkohle herzustellen. Es kann aber kein Lemur oder Chamäleon in diesen Bäumen leben. Auf Dauer wird sich die Insel komplett verändern.
Aber, die Menschen sind sehr freundlich, lachen und winken und sie würden es verdienen, daß sich ihr Leben endlich zum Besseren wendet.
Trotz all dieser Umstände kann ich Euch eine Reise dorthin nur empfehlen. Es ist ein bißchen Abenteuerurlaub und ich hoffe, ich kann Euch mit meinen Bildern einen kleinen Eindruck verschaffen.
Auf alle Fälle ist unsere Hilfe mehr als nötig und hochwillkommen.
Für Anregungen bin ich jederzeit dankbar und Fragen beantworte ich mit dem größten Vergnügen. Bleibt den Kindern treu......
Herzlichen Dank für Eure Hilfe - Eva
Juni 2011